Lyrik Cäcilie Weise Lyrik Cäcilie Weise

Treibjagd der Eitelkeiten

Das Internet klingt wie ein Wald aus dem Kampfgebrüll hallt und helle Todesschreie

Das Internet klingt wie ein Wald aus dem 

Kampfgebrüll hallt und helle Todesschreie

Die sozialen Netzwerke gleichen beizeiten 

einer Treibjagd der Eitelkeiten, nicht wahr?


Online-Jäger jagen online-Beute im Internet

ohne Unbehagen hetzen heute die Trolle mit

Blau strahlt der Himmel und Frost ziert den Boden.

Aufgeregtes Gewimmel, denn es geht sogleich los

Ein glorreicher Jagdtag steht ihnen bevor

Sie fühlen sich stark und angriffslustig

Die Weidmänner tragen besondere Kleider und Stoffe

Nur für Kenner erkennbare Jagdanzüge und Krawatte

Die Jäger sind bereits auf Position und sie sitzen

Taschen voll mit Munition, einsame Schützen

Die Treiber scharren ungeduldig mit den Tasten 

lecken sich betont unschuldig die Lippen

Nach Likes, Clicks, Kicks, erlegtem Wild

Rotwild, Damwild, Frauwild, Mannwild

Die Treiber trollen jetzt forsch durch den Wald

In einer Kette sollen sie tollen, stetig ungnädig

Die Trolle tollen treibend durchs Dickicht

Nicht reumütig sondern tollwütig ohne Geschick

Sie bilden eine Treiberkette gemeinsam gehend

Sind viel stärker als einer nur einsam stehend

In der Gruppe fühlen sich Treiber alsbald stark wie 

hinter den Bildschirmen im Cyber-Wald eben auch

Ein Treiberlein allein würde niemals den Handgriff wagen 

nicht den Nahkampf noch den Angriff, niemals alleine jagen

Würden der Bestie niemals Auge in Auge gegenüberstehen

denn der einzelne Treiber tauge - nichts ganz allein im Wald

Der Frost dampft vom Boden stillschweigend und nur

die Treiberfront stampft laut im Rhythmus der Tastatur

An den Blättern perlen Perlen vom frischem Tau 

wie Twitterperlen in den Brombeersträuchern 

Auf der Jagd nach Menschen, Tieren und allem dazwischen 

kriechen sie auf allen Vieren keuchend durch die Büsche

Sie scrollen und klicken sich durch die Bäume

An ihren zynischen Blicken zerplatzen Träume

In Kommentarspalten hetzen sie ohne Gnade und

schmeißen Wortfetzen die töten, stellen keine Frage

Sie rufen, schreien stoßen drohende Laute aus

Treffen mit spitzen, bloßen Worten zielsicher Beute

Der Abend legt sich bald rot über das Feld

Es gibt Gewinner, Sau tot, und Verlierer

Es wird dann noch zufrieden Schnaps herum gereicht alle

fühlen sich stark und keiner fühlt sich dumm dabei.





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Cäcilie Weise Cäcilie Weise

Hymne an die kleinen weißen Ohrstöpsel

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O Steve Jobs, King of Apple!

Ich muss dich verehren, ich kann nicht anders

Hast meine Welt aus den Fugen gehoben

Muss dich lieben, du Gott, und kann nicht anders

Deine Kopfhörer haben mich neu geboren


Ich liege hier in meinem kleinen Zelt 

Komm’ bloß bis zur nächsten Raststätte

Und schaffe es nicht hinaus in die Welt

Träum’ Zukunft, was wenn, könnte, hätte 

Bin selbst bloß ein einfacher Maturand

Mit Plänen für’s post-Lockdown-Leben

Jetzt sitz ich hier immer noch fest auf dem Land

Doch du hast mir Hoffnung gegeben

Deine kabellosen Kopfhörer machen es möglich

Mit den Ohren den Globus bereisen

Sie machen mein Provinzleben halbwegs erträglich

Lasset die weißen Stöpsel lobpreisen

Albern seh’n die aus, pflegte ich zu sagen

Als hätte man Zahnbürsten im Ohr

Doch das ist Geschwätz aus alten Tagen 

Sind sie doch zum Himmel das Tor

Wie ich hier so liege in meinem kleinen Zelt

Kann ich mein Glück in den Ohren nicht fassen

Dank dir ist die Provinz auch die große Welt

Muss ich nichts mehr da draußen verpassen


Berühmtsein da draussen, London, Manhattan

Schwarzwald bin ich mittlerweile

Hab’ bald genug von muffigen Raststätten

Doch mit dir ihm Ohr keine Eile


Während ich hier die Tage zur Freiheit zähle

Entführst du mich auf große Weltbühnen

Bringst du mich in die schönsten Konzertsäle

Erfüllst mir alle Träume, auch die kühnen


Die Stöpsel, ein Geschenk zum Abitur 

ein Geschenk des Himmels, wahrlich

Dass niemals die Batterie stirbt, bete ich nur

Bleibt heile wünsch’ ich mir beharrlich

Ja gut, ich weiß, deine Geschäftspraktiken sind widrig

Deine Arbeitsbedingungen sind schlecht, weiß Gott

Die Suizidrate der chinesischen Sklaven nie niedrig

Du machst in Kinderarbeit und Elektroschrott

Heut bin ich betört von deiner Brillanz 

Wie hast du’s gemacht, Steve, bloß wie?

Ich schreie hinaus, in letzter Instanz

Bist du’s tatsächlich, bist du ein Genie!

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